Wie eine Kiesgrube zu einer Storchenheimat werden kann
Pressemeldung 17. März 2021, Ensdorf – Neuer Wohnraum in luftiger Höhe
Knapp eineinhalb Meter breit und neunzig Kilogramm schwer ist das Storchennest, das die Landschaftsagentur Plus (LA Plus) gemeinsam mit Umweltstaatssekretär Sebastian Thul und Vertretern des NABU, der Naturwacht Saarland, der MILVUS GmbH, der Kieswerke Besch-Nennig GmbH (KBN) sowie des Bewirtschafters heute (17.3.) in der Moselaue in der Gemeinde Perl aufgestellt hat. In gut sechs Metern Höhe stellt der Horst nicht nur einen Nistplatz, sondern auch eine ideale Aussichtsplattform für die Art dar. „Wir haben bereits zwei Horste in Nordrhein-Westfalen aufgestellt. Dort werden sie von den Störchen auch gerne angenommen“, berichtet Michael Boes, Prokurist der LA Plus, und freut sich über die erste Nisthilfe im Saarland.
„Die Idee, ein Storchennest nahe des Kiesabbaugebietes zu errichten, entwickelte sich aus der Zusammenarbeit der LA Plus mit dem NABU und der KBN. Als Rolf Klein, Mitglied des NABU und versierter Ornithologe, uns die Idee zum Aufstellen einer Nisthilfe für den Weißstorch unterbreitete, waren wir gleich mit dabei“, so Boes. Mit dem Wissen, dass der Weißstorch das Gebiet durchzieht aber auf Grund fehlender geeigneter Brutmöglichkeiten bisher nicht gebrütet hat, fand die Idee auch beim Umweltministerium Anklang. Gemeinsam wurde das Projekt dann angegangen und fand nun seine Vollendung: Die KBN kümmerte sich um den Mast und den Aufbau, die LA Plus baute das Storchennest, Klein unterstützte die Beantragung und den Bau des Storchennestes mit seinem Know-how und das Ministerium erteilte die Genehmigung.
„Die ehemalige Kiesgrube ist zu einem Paradies für die heimische Tier- und Pflanzenwelt geworden“, schwärmt Sebastian Thul, saarländischer Umweltstaatssekretär. „Bereits heute ist das Gebiet ein wichtiger Rastplatz für Zugvögel zwischen Skandinavien und Afrika. Ich bin mir sicher, dass seine Bedeutung noch steigen wird.“ Beeindruckt zeigte sich Thul auch vom Einsatz eines jungen Mannes, der als Freiwilliger im Ökologischen Jahr in diesem Projekt einen Hauptpart übernommen hatte. „Wenn ich sehe, dass unsere FÖJler so eingebunden werden in ihren Einsatzstellen, macht mich das stolz. Ich freue mich, dass wir jungen Menschen die Möglichkeit geben können, Natur hautnah zu erleben und ihr Wissen zu vertiefen. Und an der Stelle auch ein Lob an die LA Plus, die sich immer wieder um spannende Projekte für die FÖJler kümmert.“ Auch in diesem Jahr können sich Jugendliche bis Ende Mai beim Ministerium für Umwelt und Verbraucherschutz für das kommende Freiwillige Ökologische Jahr (FÖJ) bewerben.
Felix Engel heißt der junge Mann, der das Projekt umgesetzt hat und als FÖJler bei der LA Plus tätig ist. „Ich habe gelernt, aus welchem Material das Nest gebaut werden muss und vor allem auch, wie das Nest aussehen soll. Denn die Störche lassen sich lieber in einem Nest nieder, das aussieht, als sei es schon einmal bewohnt worden“, berichtet Engel. Und fügt schmunzelnd hinzu: „Störche bevorzugen keinen Erstbezug.“ Nun bleibt abzuwarten, wann sich das erste Storchenpaar niederlässt.
2004 begann die KBN in der Moselaue mit dem Kiesabbau. Seit dieser Zeit ist die LA Plus mit der Ausführungsplanung, der Baubegleitung und der Projektsteuerung zur Rekultivierung und Renaturierung der Abbaufelder beauftragt. Ziel der Renaturierung ist die Schaffung eines Mosaiks aus Stillgewässern, feuchten Ruderalflächen (brachliegende Flächen, die sich eine längere Zeit ungestört entwickeln können), auetypischen Gehölzstrukturen und artenreichen Wiesen als Lebensraum für eine vielfältige Fauna. So wurden im Zuge der Renaturierung Uferbereiche mit ausgedehnten Flachwasserzonen und Röhrichtbeständen angelegt. Im Umfeld der Stillgewässer angelegte, feuchte Ruderalflächen bieten Nahrungsplätze für durchziehende und rastende Vögel. Ferner wurden inselhafte Strukturen mit Sand- und Kiesbänken innerhalb der größeren Stillgewässer angelegt. Teilweise werden durch Wiederverfüllung der Kiesgruben die für die Aue typischen Stromtalwiesen (Auenwiesen mit natürlicher Überflutungsdynamik) entwickelt.
Entstanden ist eine zirka 74 Hektar große Auenlandschaft, die eine für das Saarland einmalige Fauna und Flora aufweist. Auf Grund der hohen Bedeutung vor allem für die Avifauna, aber auch für Amphibien und Wasserpflanzen, wurde das Gebiet zwischenzeitlich in das europäische Schutzgebietsnetz "Natura 2000" aufgenommen. Das Vogelschutzgebiet ist ein bevorzugter Lebensraum für mehr als 200 nachgewiesene Brut-, Rast- und Zugvogelarten. Nach Ende des Kiesabbaus sollen die Flächen überwiegend in das Eigentum des NABU übergehen, um Pflege und Entwicklung der Lebensräume zu sichern.