Talk auf Duhamel: Deutschland nimmt Abschied von der Kohle
Der geplante komplette Kohleausstieg in Deutschland ist nicht nur zentrales Thema in den Medien. Auch bei der siebten Talkrunde in der voll besetzten RAG-Repräsentanz. Auf dem Podium saarländische, aber auch aus anderen Regionen angereiste Talkgäste: Neben Tobias Hans, dem Ministerpräsidenten des Saarlandes, diskutierten Christine Herntier, Bürgermeisterin der Stadt Spremberg (Lausitz), Dr. Michael Farrenkopf, Direktoriumsmitglied des Deutschen Bergbau-Museums Bochum, Dietmar Geuskens von der IG BCE Saarbrücken und Regionalbeauftragter Saar Uwe Penth von der RAG.
Peter Schrimpf, Vorstandsvorsitzender der RAG Aktiengesellschaft, begrüßte die rund 120 Gäste. Die seit Februar 2018 laufende Veranstaltungsreihe in der RAG-Repräsentanz sei ein voller Erfolg, sagte er. Sie biete Raum für den Dialog über die ganze Bandbreite der Aufgaben der RAG in der Zeit des Strukturwandels. Das gelte auch für das Thema dieses Abends, den bundesweiten Kohleausstieg. Ebenso wie die Gemeinschaftsaufgaben der Nachbergbauära könne auch diese Herausforderung nur gemeinsam bewältigt werden.
Bürgermeisterin Christine Herntier stimmte ihm zu. Sie hält den geplanten Ausstieg bis zum Jahr 2038 für ambitioniert genug, neuerliche Termin-Diskussionen allerdings für kontraproduktiv. Im Kohlekompromiss sieht sie indessen Chancen für die Lausitz. Diese zu erkennen und die Interessen der Region vereint durchzusetzen, wie es die Bürgermeister mit ihrer Initiative Lausitz-Runde tun, sei unerlässlich, so Herntier.
Als zentrales Element der bergmännischen Identität, egal in welcher Region, nannte Dr. Michael Farrenkopf teamorientiertes Arbeiten. Auch als im Saarland seinerzeit nach der Erderschütterung der aktive Bergbau vorzeitig beendet wurde, sei dieser Prozess eine großartige Gemeinschaftsleistung von allen gewesen: von der RAG, der IG BCE, den Belegschaften und der Politik, erklärte Ministerpräsident Tobias Hans. Er betonte, dass die positive wirtschaftliche Entwicklung ebenfalls zum Erfolg beigetragen habe: Die Automobilindustrie boomte und konnte Fachkräfte aufnehmen. Aktuell steht die Branche jedoch vor einer großen Transformation. Die Abkehr vom Verbrennungsmotor, der Übergang zur „Industrie 4.0“ – beides kann laut Dietmar Geuskens nur im Zuge einer erfolgreichen Energiewende gelingen.
Uwe Penth verwies in diesem Zusammenhang auf das Potenzial der ehemaligen Bergbauflächen. Die RAG mit ihrer Tochtergesellschaft RAG Montan Immobilien habe auf Dutzenden Flächen Solaranlagen aufgestellt und sei damit in den letzten Jahren der wohl größte Photovoltaik-Bauherr im Saarland gewesen, sagte der RAG-Regionalbeauftragte. Andere industriell vorgenutzte Areale würden nachhaltig aufbereitet, damit dort wieder Industrie angesiedelt werden könne.
Stichwort Nachhaltigkeit: Sie sei für das Saarland enorm wichtig, betonte Hans, müsse jedoch von Innovationen und industriellem Fortschritt getrieben werden. Der Kohleausstieg sei nicht einfach für das Saarland mit seinen energieintensiven Industrien Automobile und Stahl. Es gelte, Kohlekraftwerke auf Gas oder Wasserstoff-Technologie umzurüsten, so der Ministerpräsident. Geuskens ergänzte, es brauche außerdem größere Speicher.
Auch in der Lausitz wird an Wasserstoff-Technologien gearbeitet, wie Christine Herntier berichtete. Wichtig ist für sie allerdings auch, dass ihre Heimat eine Industrieregion bleibt: Der vielzitierte Tourismus sei sicher eine zusätzliche Option, doch um Fachkräfte anzulocken und dem Bevölkerungsrückgang entgegenzuwirken, brauche die Lausitz auch gut bezahlte Industriearbeitsplätze.
Dr. Farrenkopf erinnerte an einen für den heutigen Strukturwandel wichtigen immateriellen Wert: ein erfolgreiches Konfliktregelungsmodell, wie es sich bereits im Bergbau herausgebildet hat. Um den Kohleausstieg in den verschiedenen Revieren Deutschlands zu meistern, müsse man miteinander reden, Kompromisse finden und die getroffenen Vereinbarungen tatsächlich umsetzen, erklärte Penth – so wie es im Saarland geschehen sei. Der Prozess müsse gut gemanagt werden. Auch für Bürgermeisterin Herntier war das die vielleicht wichtigste Botschaft des Abends: Der Strukturwandel kann gelingen, wenn alle an einem Strang ziehen.