Im Dialog: Wirtschaft und Arbeit nach der Kohle
Großes Interesse an der 5. Talkrunde der Reihe „Glückauf im Wandel“ in der RAG-Repräsentanz
Was wäre das Saarland ohne Kohle und Stahl? „Nicht mehr als ein leerer Raum zwischen Deutschland und Frankreich“. Mit dieser zugespitzten Aussage beantwortete Albert Hettrich, Generalbevollmächtigter der Stahl-Holding-Saar GmbH, die erste Frage des Abends. „Wirtschaft und Arbeit nach der Kohle“ hieß das Thema der Talkrunde in der RAG-Repräsentanz. Es ging um die Zeit nach dem Ende des aktiven Steinkohlenbergbaus vor fast sieben Jahren und die strukturelle Neuordnung, die seither das Saarland bewegt. Wie dieser Wandel bis jetzt verlaufen ist, wo das Saarland heute wirtschaftlich steht und morgen stehen könnte, so skizzierte es RAG-Regionalbeauftragter Saar Uwe Penth zur Begrüßung. Knapp 100 Besucher kamen zu dieser fünften Veranstaltung der „Glückauf im Wandel!“-Reihe – ein Beleg dafür, dass das Thema immer noch viele Saarländerinnen und Saarländer bewegt und neugierig macht.
Ein ehemaliger Bergmann, ein früherer Staatssekretär, ein Vertreter der Gewerkschaft und ein Professor für Künstliche Intelligenz – sie alle saßen sich an diesem Abend gegenüber und brachten ihre Argumente vor. Denn um eine Bestandsaufnahme machen zu können und einen Blick in die Zukunft zu werfen, braucht es eine Bandbreite an unterschiedlichen Positionen.
Viel mehr als einen schnellen Weg wollte man im Saarland einen „vernünftigen Weg“ gehen, erinnerte sich Hettrich. Das Saarland habe sich in den letzten Jahren ökonomisch vielfältig und gut entwickelt. Eine neue Identität brauche eben Zeit, sie müsse sich langsam entfalten, bestätigte auch Frank Rolle von der IG BCE. „Seit 40 Jahren baut das Saarland neue Industriestrukturen auf – wenn wir uns nicht nach vorne entwickeln, gehen wir unter“. Hier knüpfte wiederum Prof. Dr. Peter Fettke vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) an. Das Land habe sich inzwischen auch zu einem starken Standort für Informatik entwickelt und zähle eine der höchsten Dichten an Spitzeninstituten: „Aus der ganzen Welt reisen Informatiker ins Saarland“.
Aus der Digitalisierung ergäben sich jeden Tag neue Geschäftsmodelle, die eine neue Welt eröffneten. „Was müssen die Menschen in der sich verändernden Welt wissen und können?“, fragte die Moderatorin in die Runde. Um den heutigen Anforderungen gerecht zu werden, sei ein fächerübergreifendes Studium notwendig, so Prof. Fettke. Dem stimmte auch Harry Laufer zu, ein ehemaliger Bergmann, Personaldirektor und heutiger Geschäftsführer der TÜV NORD Bildung an der Saar, die mittlerweile für über 100 Unternehmen Menschen aus- und weiterbildet: „Die Mischung macht´s!“ Man sehe jetzt schon Veränderungsprozesse in den Berufen, allerdings seien klassische Handwerksberufe immer noch notwendig und auch sehr gefragt, bekräftigte Laufer.
Der Strukturwandel birgt nicht nur Chancen, sondern auch Risiken. Hier verwies Frank Rolle darauf, dass das Saarland durch den Wegfall der heimischen Kohle von billigen Importen abhängig wurde. Das sei „fatal“. Außerdem dürfe die globale Entwicklung nicht dahin gehen, dass lokale Arbeitsplätze gefährdet würden. Um auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben, müsse man einen intensiven Dialog miteinander pflegen, empfahl Prof. Fettke. Die lebhaft geführte offene Fragerunde mit dem Publikum im Anschluss zeigte, dass auch dieser fünfte Talkabend im doppelten Sinne „ins Schwarze“ getroffen hatte.